Pestizidreduktion:
Für weniger Gifte in unseren Gärten

Im Lebensmittelbereich wird der Einsatz von Pestiziden über klare Rückstandsgrenzwerte streng reglementiert. Im Gartenbau hat der Gesetzgeber bisher keine Richtlinien vorgegeben. Aufgrund des unübersichtlichen Weltmarkts für Blüh- und Grünpflanzen ist oft nicht ­bekannt, welche Pestizide bei der Pflanzenproduktion zum Einsatz kommen. Hier setzt bellaflora mit dem 2017 eingeführten Pestizidreduktionsprogramm an.

Im Auftrag von bellaflora hat GLOBAL 2000 jene 550 Pestizide ausgewählt und bewertet, die besonders intensiv im Gartenbau genutzt werden und/oder besonders bedenkliche Auswirkungen auf Mensch und Umwelt ­haben. Diese Analyse ist Grundlage eines Grenz­wertkatalogs, der Obergrenzen für das gesamte Pflanzensortiment von bellaflora definiert. Ziel ist, die Gesamtbelastung für Mensch und Umwelt zu minimieren. Biologisch kultivierte Pflanzen sind von der Prüfung durch diesen Grenzwertkatalog ausgenommen, da bei ihnen die Richtlinien der biologischen Landwirtschaft zur Anwendung kommen.

Um das unterschiedliche Risikopoten­tial der Wirkstoffe zu verdeutlichen, haben die Experten von GLOBAL 2000 zusätzlich zu dem Grenzwert für die Summenbelastungen ein Listensystem entwickelt, das eine Watchlist und eine Blacklist umfasst: Wirkstoffe auf der Blacklist dürfen bei Pflanzen für bella­flora grundsätzlich nicht mehr verwendet werden.

Die Watchlist dagegen zählt Wirkstoffe auf, die aufgrund ihrer bedenklichen Eigenschaften unter besonderer Beobachtung durch bellaflora stehen und nur in sehr geringem Maß oder besser gar nicht eingesetzt werden sollen.  Mit diesem Grenzwertkatalog legt bella­flora wesentlich höhere Qualitätsmaßstäbe an Lieferanten an als das Gesetz. Diese Maßstäbe beziehen sich vorrangig auf folgende Kriterien:

  • Giftigkeit für Menschen, Säugetiere, Vögel, Fische, Wasserorganismen, Bienen und Regenwürmer
  • Potential zur Anreicherung in organischem Gewebe
  • Verweildauer im Boden
  • Verweildauer im Wasser

Im Februar 2017 haben wir alle Pflanzenlieferanten über den neuen Grenz­wertkatalog informiert und eingeladen, diesen ab sofort in den Kulturen anzuwenden. Natürlich ist uns bewusst, dass man Pflanzenkulturen nicht von heute auf morgen kompromisslos verändern kann. Deshalb haben wir unseren Lieferanten auch ein Jahr Zeit für die Umstellung gegeben. Sämtliche Beprobungen, die wir in diesem Jahr vorgenommen ­haben, hatten rein informativen Charakter für die Lieferanten.
 
Seit Jänner 2018 werden bei Proben, die die Richtlinien nicht einhalten, die Testkosten den Lieferanten verrechnet. Die Probenentnahme erfolgt durch Mitarbeiter von bellaflora, die Untersuchung durch ein akkreditiertes Labor. Die Lieferanten werden anschließend über die bei der Prüfung festgestellten Werte informiert, sodass sie profunde Daten haben, um an einer weiteren Reduktion der Pestizidbelastung zu arbeiten. Pro Monat werden zwischen 8 und 15 Pflanzen getestet.

Schon in den ersten beiden Jahren ­konnten wir Verbesserungen sehen. Die Anzahl der gefundenen BlacklistWirkstoffe pro Probe ist seit 2017 um 46,6 % zurückgegangen. Bei den für Bestäuber hochgiftigen Wirkstoffen ist ein Rückgang von 20,9 % zu verzeichnen, bei von der WHO als extrem gefährlich oder hochgefährlich eingestuften Wirkstoffen wurde 2019 um 56,9 % weniger nachgewiesen als noch 2017. Die Gruppe der Neonikotinoide, die aufgrund ihrer hohen Giftigkeit für Bienen, aber auch Schmetterlinge und andere Bestäuber lange öffentlich diskutiert und schließlich von der EU großteils verboten wurden, konnte in den vergangenen zwei Jahren um 63,5 % reduziert werden. Auch bei den Mitteln zur Bekämpfung von Insekten und Spinnentieren, wie z. B. Milben, konnten starke Rückgänge nachgewiesen werden. Besonders bei essbaren Pflanzen sehen wir genauer hin: Die Maximum Residue Levels, die von der EU für Lebensmittel vorgeschrieben sind, gelten bei uns auch für Kräuter und Früchte, die auf Obst- und Gemüsepflanzen wachsen. Werden diese Richtlinien nicht eingehalten, werden die Pflanzen reklamiert. Die größte Pestizidreduktion bezogen auf die Produktgruppen konnte bei Beet- und Balkonpflanzen (–10,6 %) sowie bei Bäumen und Sträuchern (–16,9 %) verzeichnet werden. Am stärksten sind Chrysanthemen und Citrusfrüchte belastet. Die Entwicklung dieser Kulturen wird deshalb getrennt betrachtet: Während bei den mehrjährigen Citruspflanzen kaum Unterschiede zu 2017 festzustellen sind, konnte bei den Chrysanthemen bereits eine Pestizidreduktion von 36,3 % bezogen auf die Anzahl der gefundenen Wirkstoffe pro Pflanze erzielt werden.